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Warum unterschiedliche Spinnrichtungen ?

Gewebe mit S/Z gesponnenen Garnen unter der Fadenlupe
Gewebe mit S/Z gesponnenen Garnen unter der Fadenlupe

20.06 17

Im Vorpost habe ich Gewebe mit unterschiedlichen Drehungen in den Garnen vorgestellt.

Warum hat man sich diese Mühe gemacht, was ist der Hintergrund ?

 

Bei sehr vielen historischen Textilien sind diese unterschiedlichen Drehungen der Garne nachgewiesen. Optisch macht das bei diesen Stoffen keinen Unterschied. Es hat einen technischen Grund, die Fasern sind fast in ein und die selbe Richtung ausgerichtet. Das macht das Gewebe dichter, und vielleicht auch glatter und es nimmt den stark gedrehten Garnen die Spannung. Sind Garne stark gedeht neigen sie dazu sich im Gewebe schräg zu stellen, das kann dazu führen das die Gewebe sich verziehen oder wellen. Diese starke Drehung ist nötig um die Garne strapazierfähig zu machen, damit sie der mechanischen Belatung während des Webprozesses stand halten, aber auch im strapazierfähige Gewebe zu erhalten.

Hier ein und der selbe Stoff vor und nach der ersten Wäsche:

 

Während der ersten Wäsche plustern sich die Garne etwas auf, das Gewebe wird fülliger, dichter, es läuft auch immer etwas ein, da die Garne sich nun ohne die Spannung vom weben, entspannen können.

Aus diesem Stoff sind Strümpfe genäht worden. Ich trage diese Strümpfe nun schon sehr lange, und der Stoff ist hochbelastbar ohne dabei starr und steif zu sein.

 

Heute sind die Garne genormt gesponnen. Single Garn wird grundsätzlich im Uhrzeigersinn gedreht. Werden zwei oder mehrere Fäden zu einem Garn verzwirnt, passiert das immer entgegen der Uhr.

 

Hier zum Vergleich ein ähnliches Gewebe, mit genormt gedrehten Garnen:

Gewebe aus genormt gedrehten Garnen, alle Garne sind in der gleichen Richtung gedreht und zeigen im Gewebe gegeneinander
Gewebe aus genormt gedrehten Garnen, alle Garne sind in der gleichen Richtung gedreht und zeigen im Gewebe gegeneinander

 

Es ist also möglich mit diesem einfachen Kniff Funktionsgewebe her zu stellen.

Es sind Segeltücher erhalten die aus Wollgarnen mit unterschiedlicher Richtung hergestellt wurden und eine extrem hohe Dichtigkeit aufweisen.

Es gibt aber auch Gewebe die durch die unterschiedlichen Richtungen, im Muster verwoben, einen optischen Effekt erhalten. Durch die unterschiedlichen Lichteinwirkungen erkennt man das Muster, obwohl auf dem ersten Blick alle Fäden gleich aussehen.