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Welche Farben wähle ich für meine Darstellung ?

Gewebe nach Originalfunden und Farben : links Bergwerk Altenberg NRW Wolle Naturoptik und Pflanzengefärbt, rechts London, Wolle und Seide Pflanzen und Insektengefärbt
Gewebe nach Originalfunden und Farben : links Bergwerk Altenberg NRW Wolle Naturoptik und Pflanzengefärbt, rechts London, Wolle und Seide Pflanzen und Insektengefärbt

Die Frage danach welche Farbe ich für meine Kleidung wähle ist, wenn keine bildliche Darstellung aus zeitgenössischer Kunst oder - was selten der Fall ist - ein Textil mit Farbanalyse vorliegt, schwer zu beantworten.

Vorweg: persönliche Vorlieben wie : "das trage ich nicht"  "das steht mir nicht"  "meine Lieblingsfarbe ist" sollte man ganz hinten anstellen, statt dessen sollte man versuchen sich in den Zeitgeist der in Frage kommenden Epoche und Situation zu versetzen. Auch wenn wir über Mode reden steht die Überlegung von Machbarkeit und den zur Verfügung stehenden Farbtönen ganz vorne an. Dann muss überlegt werden, hätte sich die erdachte Person diese Farben leisten können ?

 

Welche Farbtöne standen zur Verfügung :

  • Blau – Waid: Waid ist wüchsig, die benötigten Chemikalien sind gut verfügbar, das Rezept zur Färbung ist jedoch nicht einfach. Vermutlich war es gut gehütet und von Fachleuten durchgeführt. Mit dieser Rezeptur lässt sich tierische Faser UND pflanzliche Faser dauerhaft färben.
  • Braun – Walnussschalen: zu beachten ist , dass die Walnuss kein einheimischer Baum und in den nördlichen Regionen schwer zu kultivieren ist. Die Färbung ist dafür sehr einfach, man kann kalt färben aber auch heiß, man benötigt keinerlei Vorbeize oder Zusatzstoffe
  • Gelb - Reseda oder andere Gelbfärber: Fast jede pflanzliche Masse kann dauerhaft gelb färben. Reseda ist die erste Wahl, es färbt stark und weitgehend lichtecht. In Verbindung mit Eisen 2 schlägt die selbe Flotte in Grüntöne um. Spektrum eher Oliv bis Schlammgrün, niemals blaustichiges oder Flaschengrün
  • Krapprot Krapp ergibt in kräftiger Färbung ein warmes Rot, in schwacher Färbung ein eher unschönes rosarot.war vermutlich schon teurer als Blau oder gelb, ist aber dennoch im Vergleich zu Kermes oder Cochenille ein eher preiswertes Rot. 
  • Kermesrot ergibt ein leuchtendes Rot, der Farbgeber ist eine kleine Schildlaus.
  • Cochenille ergibt mit unterschiedlichen Beizen und Zusätzen ein Spektrum von Rosa, Lila, Flieder und Rottönen, Farbgeber ist auch hier eine kleine Schildlaus
  • Purpur ergibt überwiegend Purpur, Pink aber auch Flieder und sogar Grüntöne, Farbgeber sind Meeresschnecken, von denen unzählig viele benötigt werden, der Farbstoff gibt als extrem kostbar.

Doppelfärbungen : 

Benötigen mehr Aufwand, und mehr Farbe z.B. :

  • leuchtend grün bzw blaustichiges Grün aus Waid und Gelbfärbern
  • Lila - Aubergine aus Rot und Blau
  • Schwarz aus Mehrfachfärbungen - ein künstlich erzeugtes Schwarz wird immer einen anderen Glanz gehabt haben als das Schwarz von naturschwarzen Tieren.

Inwieweit Farbflotten mehrfach verwendet oder gemischt wurden um die letzten Pigmente auszunutzen und damit minderwertige Mischfarben zu erzeugen vermag ich nicht zu beurteilen. 

 

Sicherlich wurde Teures mit Teurem verarbeitet. Mehr als zur heutigen Zeit galten Textilien als Statussymbol, als Mittel zu zeigen wer man ist.

Eine teure Farbe mit einem Naturton zu kombinieren macht in diesem Zusammenhang wenig Sinn. Sicherlich wurden Farben ganz anders, vermutlich bunter, schreiender kombiniert, als wir heute gefällig finden. Sicherlich galten strahlende leuchtende Farben in einer Welt die sich bewusst war, welche Mühe und Kosten in gefärbter Kleidung stecken, als erstrebenswert. Naturoptik war Standard - anders als heute wo Naturoptik quasi ein Statement ist. 

 

Literatur: 

Handbuch der Naturfarbstoffe

von Helmut Schweppe