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Karierter Stoff aus Haithabu Grab 471

Es ist mir immer eine besondere Freude wenn Kunden einen Stoff wünschen, den man selten bis gar nicht sieht und der dann noch eine von der Kundin ganz hervorragend recherchierte Vorlage hat.

In diesem Fall soll es das karierte Gewebe aus Haithabu Grab 471 sein. Dort haben sich im Grab eines Mädchens an einer Metallfibel mehrere kleine Stücke unterschiedlicher Gewebe erhalten, eins davon ist unsere Vorlage.

Dieses leinwandbindige Fragment ist ein auch nach heutigen Maßstäben feines Gewebe, es hat unterschiedlich dicke Fäden in Kette und Schuss und es hat ein feines Karomuster. Die Grundfarbe ist blau der Musterfaden rot.

Ähnliche Musterstoffe liegen in zwei weiteren Funden in anderen Gräbern vor,  die Fragmente stammen nicht von ein und demselben Textil. Damit könnte man fast von einem Trend sprechen.

 

Wie oft muss man bei einer Rekonstruktion Zugeständnisse machen weil man technisch an Grenzen stößt, z.B. weil die Fäden des Originals so fein sind dass ich sie trotz Sehhilfe kaum handhaben kann. Auch wäre der Zeitaufwand so enorm groß das es jeden finanziellen Rahmen sprengt.

Zusammen mit der Kundin wurde also ausgetüftelt wie das Projekt angegangen werden soll.

Wichtig war dass die Kästchen im Muster annähernd die Größe des Originals haben also 5mm ein Kästchen, um die Optik des Textils wiederzugeben.

Um ein Gefühl für das Muster  und das Zusammenspiel der Farben zu bekommen habe ich winzige Probegewebe angelegt. Damit wurde auch die Anzahl der Kett- und Schussfäden ermittelt sowie die Stärke der benötigten Garne.

Nach mühsamen Metern ist der Stoff fertig gewebt. Mühsam damals wie heute durch den ständigen Wechsel der Schussfäden.

Wie so oft wirkt der Stoff in der Masse ganz anders als man sich vorgestellt hat. Er wirkt dunkel und edel sobald er nicht gut ausgeleuchtet ist, das Muster erkennt man erst aus der Nähe.

Zu wissen dass es Luxus ist heißt es muss nicht plakativ protzig sein.

Anlegen einer Gewebeprobe als Vorlauf zum Großprojekt
Anlegen einer Gewebeprobe, sie ist schief aber erfüllt ihren Zweck.

Mit den Daten der Probegewebe konnte eine Gewebeplanung erstellt und der Materialbedarf ermittelt werden. Der Projektstart war Mitte März vergangenen Jahres. 

Die abgelängten und zu Strängen gebundenen Garne gingen zur Färberin und wurden im Sommer gefärbt.

Im Herbst kamen sie zurück und mussten bis bis Dezember warten bis ihr Zeitfenster am Webstuhl gekommen war.

 

Es ist spannend wenn man von einem kleinen Fleckchen Probegewebe ausgehend auf ein großflächiges Gewebe blicken kann. Der Unterschied ist enorm, das kleine 2cm große Fleckchen zeigt das Muster recht klar.

Das Muster schwimmt in der Fläche der Tuchbreite gesehen dem Auge davon.

 

Das Gewebe webt sich mühsam durch den Wechsel von 4 blauen Schussfäden und einem Roten. Es webt sich langsam und man muss sorgfältig arbeiten, denn Leinwandbindung verzeiht keine Unregelmäßigkeiten und keine Fehler.

 

Die Garne wurden gefärbt von Ovicula

verwendet wurden Indigo und Krapp

 

Literatur :

Die Textilfunde aus der Siedlung und aus den Gräbern von Haithabu (Bericht 29)

Beschreibung und Gliederung

Inga Hägg