Auffallend schön sind die koptischen Bildwebereien der Spätantike.
Es gibt viele erhaltene Stücke, mal als winzige Schnipsel, mal als große Fragmente und gar nicht so wenige Tuniken mit Bildweberei- Dekor.
Das Arbeiten einer solchen Weberei ist extrem zeitaufwendig, darum mein Versuch eines Imitats.
Sticken ist nicht mein Ding, ich mache es nicht gern und so wird es bei diesem Versuch bleiben, auch wenn ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. So darf man diesen Blogeintrag als Anleitung zum Nachmachen verstehen.
Die Wahl einer Vorlage fiel auf ein Stück das heute im Besitz des V&A Museums in London ist, weil es ein recht einfaches Dekor hat :
Link zum V&A
Als Grundmaterial habe ich altes handgewebtes Leinen verwendet und für die Bilder handgewebtes rotes Wollgewebe, da die Bildwebereien in Wolle ausgeführt wurden. Der Stick-faden ist ein Single Wollgarn in naturweiß. Das rote Gewebe ist Ripsgewebe, so wie bei den meisten Originalen, allerdings ist meins mit 10 Fäden in der Kette relativ grob, hat aber den Vorteil das man seine "Pixel" gut zählen kann.
Im Vorfeld habe ich viele Bildwebereien dieser Art in Büchern, aber auch in Originalen gesichtet. Es lohnt sich vor dem Projekt einzuarbeiten und ebenfalls viele Stücke anzuschauen.
Liest man die Bildbeschreibungen sind da wilde Dinge wie "geschlitzt" und "fliegende Nadel", darum versuche ich das nun vereinfacht zu erklären.
Die häufigste Methode war eine Kette aus Leinen einzurichten, die Schussgarne waren im Grundgewebe oft in Leinen, die Bildgarne jedoch in Wolle gearbeitet.
Das Bild wurde meist Reihe für Reihe abgewebt, gleichzeitig mit allen verwendeten Farben.
Man wechselte die Farben indem man die nicht benötigten Schussfäden hinter der Arbeit ruhen ließ* und webte dann nach dem farbigen Part mit der Grundfarbe weiter. Belegt sind teilweise sehr farbenfrohe Bildwebereien, darum die Mehrzahl. Es wird vermutet dass man Bildvorlagen nutzte, denn viele Motive wiederholen sich an unterschiedlichen Textilien, allerdings erkennt man das unterschiedliche Hände sie herstellten. Möglicherweise wurden Motivkärtchen von Händlern weit verbreitet und immer wieder genutzt.
Beim fliegenden Faden liegt der malende Faden vor der Arbeit um ihn an passender Stelle schräg über das Bild flotieren zu lassen, so kann man feine Linien arbeiten ohne Treppenstufige Wirkung.
*möglicherweise wurde wie bei der Gobelinweberei die Schauseite blind gearbeitet, das ist meines Wissens nicht geklärt, spielt aber für unsere Projekt keine Rolle.


Der ähnlichste Stich mit dem man diese Art Weberei imitieren kann, sind feine Rückstiche. Sie sollten möglichst den Faden unter ihnen verdecken, so dass der Faden wie eingewebt aussieht.
Hier im Bild ist ein Detail noch ungebügelt. Das bügeln macht den Stick-faden etwas breiter und die Arbeit wird flacher.
In meinem Fall habe ich die Dekore auf Leinen aufgenäht um sie später auf eine Tunika zu applizieren.
Bei meiner Vorlage vermute ich dass die Dekors direkt in die Tunika gearbeitet wurden. Da ich aber lange Zeit an den Dekors gearbeitet habe und sie mich auf VAs und in Urlauben bis an den Pool begleitet haben, sollte die Arbeit handlich sein. Tuniken mit aufgenähten Dekors sind ebenfalls belegt.

Hier eine kleine Bildgalerie, die Aufnahmen wurden im Museum Wilnsdorf gemacht, ein feines sehr familienfreundliches Museum im Siegerland. Dass die Kulisse unpassend ist, ist mir bewusst, die Tunika wurde während einer sehr sonnigen VA dort fertig gestellt und die Ecke war so schön kühl und ruhig.
Man erkennt gut wie die Tunika mit ihrer Überbreite und Stofffülle getragen wurde, auch wenn das Stück für mich zu groß und weit ist.
Literatur :
Dress and Personal Apperance in Late Antiquty
The Clothing of the Middle and Lower Classes
Faith Pennick Morgan
Ägypten
Schätze aus dem Wüstensand
Kunst und Kultur der Christen am Nil
Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden
Aus Gräbern geborgen
Koptische Textilien aus eigener Sammlung
Annette Paetz gen. Schiek
Illuminierte Papyri Pergamente und Papiere 1
Ulrike Horak
Sowie unzählige Fotos koptischer Bildwebereien im Internet immer und überall dort wo man sie groß zoomen kann