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Großprojekt Hose

17.01 14

Das Gute am Internet ist, man kann sich über große Entfernungen finden, verständigen und Kontakt pflegen.

Aber in dem Moment, wo man mehr als Dateien tauschen will, sind die Kilometer doch wieder eine Hürde. Zum Glück gibt es da die Zustelldienste.

 

 Für ein Projekt im Norden, soll ich den Stoff für eine Hose weben.

Das klingt einfach.

Da muss erst mal ein Schnitt her, damit man weiß, welche Maße gewoben werden sollen.

Die Vorlage für das Projekt ist die Damendorfhose.

Der Herr der die Hose bekommt, hat also eine neuzeitliche Jeans in 5 Pocket Stiel geopfert , die als Basis für unseren Hosenschnitt dient. Ein paar helfende Hände haben mit Filzstift markiert, wo aufgeschnitten werden soll, das geschah indem der zukünftige Besitzer, die Hose an hatte.

Dann ausziehen, und aufschneiden.

 

Das wurde mir per Zusteller gebracht, und daraus habe ich in Kombination aus den Publikationen zur Damendorfhose, und dem geliehenen Schnitt einer anderen Hose (danke Beate !), ein Schnittmuster improvisiert.

Mit dem Schnitt eine Probehose zugeschnitten

Diesen mit großen Zick-Zack Stichen per Nähmaschine fix zusammen genäht, Päckchen gepackt und per Zusteller ab in den Norden.

Dabei fällt auf :

der Rollbund ist etwas lang,

die Beine können am Knöchel etwas länger sein,

am Bein ist die Hose zu weit,

das Wichtigste - der Po sitzt, sogar im sitzen.

Aber alles in allem für einen ersten Versuch schon gar nicht schlecht.

 

Da wir nun wissen wie die "Damendorfhose" so sitzt, wie sich der Rollbund an fühlt, und uns vorgestellt haben, wie sehr der Bund mit dickerem Stoff aufträgt,  haben wir beschlossen, ein anderes Hosenmodell zu machen.

Es soll eine Hose mit Gürtelschlaufen werden - also noch mal ran.

 

Anhand des Schnittmusters, kann nun die Stoffbahn berechnet werden. Bis es so weit ist, das gewebt werden kann, dauert es noch etwas.

Das Kettgarn ist da, aber für den Schuß fehlt noch Material, ich werde es von Hand spinnen, um einen S/Z gewobenen Stoff herstellen zu können.

Gut Ding will Weile haben.

16.03 14

 

Wochen sind vergangen.

Die Hose soll noch zwei mal in den Norden und wieder zurück, bis alles so sitzt, wie es sein soll.

Das dauert und es ist lästig - für alle Beteiligten. Denn Mann kann so eine Hose zwar alleine anprobieren, aber um hier fest zu stellen wie der Sitz ist, brauche ich Bilder, auch ausmessen, anzeichnen und abstecken lässt sich schlecht alleine.

So ist nicht nur die Probehose im Paket viel gereist, sondern auch viele Daten in Form von Bildern, Scans, PDFs und Austausch per Mails und Telefonate waren nötig.

Diese Hose knüpft Kontakte, sie ist echte Teamarbeit.

 

Aber die Weite der Hose steht nun endlich fest, das Schnittmuster kann ausgemessen werden, die Breite der benötigten Tuchbahn kann ermittelt werden.

Das Gewebe kann geplant und berechnet werden, das heißt der Einsprung des Gewebes muss geschätzt werden, besonders die Breite ist die große Herausforderung, denn die Webkanten sollen genutzt werden.

Das Garn für den Schuss ist vor Kurzem fertig geworden, ich hoffe mein Vorrat ist groß genug.

 Vier solcher grauer Kugeln habe ich gesponnen, für eine Kugel habe ich etwa 7 Stunden gearbeitet.

Die Kette soll aus schwarzem isländischen Einband entstehen.

Gewünscht ist als Einzug ein 2/2er Köper, die Dichte ist auf 8 Fäden je cm festgelegt.

Das handgesponnene Schussgarn ist ebenfalls aus Wolle des Islandschafs.

Laut Händler liegt die Feinheit zwischen 34 bis 36mic, die Faserlänge bei 80 bis 90mm.

Da ich wenig spinne, musste ich mich hier beraten lassen, so tief bin ich selten in die Materie eingedrungen. Die Vorbereitungen zu diesem Projekt fanden in einem geschlossenem Forum in kleiner trauter Runde statt.

 

23.03 14

Nun ist der Stoff für dieses Projekt fertig gewebt.

Was so einfach aussieht, hat in der Vorbereitung lauter Tücken. Wie z.B. die Webbreite die stimmen muss, damit die Webkanten genutzt werden können, und die Hose dennoch gut sitzen soll. Hier kommt es also auf Zentimeter an. Da der Stoff unter Spannung gewebt wird und ohne Spannung schrumpft, bei der Wäsche weiterhin einläuft, ist das nicht so einfach wie der Laie sich dies vorstellt.

Zur damaligen Zeit, war jedes Kleidungsstück maßgeschneidert. Bei Tuniken ist das kein großes Ding, bei einer Hose die Körpernah sitzen soll, jedoch schon.

Der Schnitt dieser Hose ist Stoffsparend und - ist er er erst einmal gefunden ^^ - scheinbar simpel. Jedoch bei jedem Träger ein wenig anders. Aber dazu demnächst mehr, wenn aus dem Stoff mal eine Hose geworden ist.

 

Bilder: Spinnfaser für das Schussgarn, die vorbereitete Kette, Aufzug am Webstuhl, das Gewebe am Webstuhl, das Gewebe vor und nach der Wäsche

 

Der Stoff wächst

Fertig gewoben und vom Webstuhl runter, muss das Gewebe geputzt werden, z.B. Knötchen die durch Fadenrisse entstehen, werden auf die Rückseite des Stoffes gezogen, davon gab es bei diesem urigen einfädigem Garn viele.

Detailaufnamen in Vergößerung vor und nach der Wäsche, das fast schwarze Garn ist industriell hergestelltes isländisches einfädiges Garn (Einband), der Schuss ist Handgesponnen, entgegen der heutigen Norm.

(Für Insider: der Schuss ist von Hand S, die Kette industriell Z gesponnen.)

Der Clou daran ist, das Gewebe dieser Machart dichter sein sollen, als Gewebe deren Garne alle in einer Richtung gedreht sind.

Aber ganz egal, welche Vorteile die Machart hat, Ziel soll es sein, eine Hose her zu stellen, die den Original Textilien so ähnlich wie nur irgendwie möglich ist.

vor der Wäsche, die Spinnrichtung ist rot markiert,am Bildrand liegt eine 0,01€ Münze,

 

Nach der Wäsche, liegen die Fasern beinahe in einer Richtung.

 

 

Zum Vergleich ein gewaschenes Gewebe von der selben Kette, alle Fäden sind Z gesponnen,

Im Bild der Stoff aus Z Garnen, rechts aus S/Z Garnen.

Optisch kaum Unterschied, auch der Fall der beiden Gewebe ist ziemlich gleich.

Haptisch gibt es einen Unterschied - das S/Z Gewebe fühlt sich dünner an. Das überrascht mich nun doch ein wenig.

Der Blitz der Kamera mag die Farben nicht einfangen.

Was auf den Bildern schwer zu erkennen ist, das linke Gewebe hat einen beige farbenem Schuss, das Rechte einen Grauen.

28.03 14

Der nächste Schritt auf dem Weg zur Hose, sind die Näharbeiten, diese werden von Hand ausgeführt.

Der Zuschnitt erforderte wie immer, erst einmal tief Luft holen.

An einen Handgewebten Stoff die Schere ansetzen, erfordert immer ein wenig Mut. Besonders bei solch einem Stoff, wo ein Teil des Garns von Hand gesponnen ist.

Das ist der Punkt an dem man die historischen Kleidungschnitte versteht. Warum man so Stoffsparend gearbeitet hat, warum es so wenig Nähte wie nötig sind.

Es ist der Respekt vor der vielen Arbeit und Mühe, der die Kleidung prägt.

Mit schnelleren Webstühlen, mit der Erfindung des Spinrads, nimmt auch die Stofffülle und Raffinesse (Menge der Nähte, aber auch Verschnitt der Stoffe) bei der Kleidung zu.

Bis heute kann man den Respekt - auch den Fehlenden - am Werkstück Kleidung ablesen.

 

 

 

 

 Die Hosennähte werden mit einem elastischen Stich vernäht, das macht Sinn, denn so leidet weder der Stoff, noch die Nähte, wenn einmal Spannung und Belastung auf die Nähte wirkt.

Das Nahtmaterial ist ein farblich passender Handgesponnener Faden, der nur schwer im Gewebe zu erkennen ist.

 

 

Bei der Damendorfhose finden sich zum Teil an gewebte Borten, die als technische Kante auftauchen, in der Naht wieder. Da man sie an der Hose beim tragen, nicht sehen kann, haben wir auf diese Borten verzichtet. Das anweben einer solchen Borte in Brettchentechnik hätte erheblich viel mehr Mühe am Flachwebstuhl erfordert.

Die "Original Hose" um 800n Chr. wurde am Gewichtswebstuhl hergestellt. Dazu benötigt man am oberen Rand solch eine Borte. Am Gewichtswebstuhl erfordert die Technik der seitlichen Borten auch mehr Arbeit, und ist technisch gesehen ein unnötiger Luxus, der Aufwand ist jedoch kleiner als beim Flachwebstuhl.

 

Die begleitenden Bilder der Publikationen über die Thorsberghosen zeigen, recht schludrig gearbeitete Gürtelschlaufen. Es scheinen einfache unversäuberte Stoffstreifen zu sein.

Meiner Meinung nach, passt das so gar nicht, zu der sonst sorgfältigen Verarbeitung.  Deshalb habe ich mich entschieden den Stoff für die Gürtelschlaufen doppelt zu legen und die Schnittkanten zu sichern.

Die Nahtzugaben sind dem Stoff entsprechend üppig, das ist nötig damit sich der Stoff nicht so schnell auflösen kann.

Obwohl der Nähfaden ähnlich grob wie der Stoff ist, ziehen sich die Näharbeiten hin.

Aber was lange währt wird endlich gut:

 

Obwohl sie genau die gleiche Passform hat wie die Probehose, sieht sie doch ganz anders aus, so das ich ein wenig Sorge habe, ob sie denn dem neuen Besitzer gut passt.

Da hängt sie nun, ganz unschuldig. Die vielen Mühen sieht man ihr nicht an.

Neulich wurde ich gefragt, wie lange man für solch ein Kleidungsstück gearbeitet hat.

Ich habe dazu meine Arbeitszeit hochgerechnet und geschätzt, wie viel länger man mit Handspindel und Gewichtswebstuhl gebraucht hätte, und bin auf etwa 150 Arbeitsstunden gekommen. Ab spinnen der Garne an, nicht mit einkalkuliert das scheren der Schafe.